Eine Wunschfahrt nach Hause

„Es ist soweit. Meine erste Fahrt als Wunscherfüller steht kurz bevor. Etwas, worüber ich schon lange nachgedacht hatte. Und nun bin ich dem so nah wie noch nie...

17. August 2025, 5.30 Uhr. Der Wecker klingelt, Zeit aufzustehen. Nach einem ordentlichen Frühstück fahre ich los zum ASB Münsterland. Dort treffe ich Jürgen, auch er ist Wunscherfüller. Kurz darauf stößt Oliver dazu, den Jürgen schon von einer früheren Fahrt kennt. Oliver schaut mich an und fragt mit einem Lächeln: ‚Für Dich ist das eine Premiere, oder?' ‚Jau', antwortete ich, ‚schauen wir mal, wie es wird.' Sofort habe ich das Gefühl, mit diesen beiden Menschen vertraut reden zu können.

Das Auto ist startklar und los geht’s. Oliver fährt, Jürgen und ich nehmen hinten Platz. Während der Fahrt erzählt er mir, wie so eine Fahrt in der Regel abläuft und was wichtig ist. Aber vor allem berichtet er von seinen persönlichen Erfahrungen und Emotionen. Das bedeutet mir viel, denn er zeigt mir, worum es wirklich geht: Nicht darum, den ‚Starken' zu spielen, sondern mit Empathie dem Fahrgast und seinen

Angehörigen Momente voller Wärme und Zufriedenheit zu schenken. 

Wir erreichen die Einrichtung und holen Ewald* aus seinem Zimmer ab. Anschließend übernehmen Jürgen und ich eine kleine Übergabe mit der Pflegekraft. Im Wagen stelle ich mich unserem Fahrgast vor: ‚Mein Name ist Gino, ich bin selber Pflegekraft – und heute Ihr Wunscherfüller. Und ich bin mindestens genauso aufgeregt wie Sie, denn es ist meine erste Fahrt.' Und Ewald? Er lacht. 

Wir fahren los. 300 Kilometer stehen uns bevor, begleitet von emotionalen Gesprächen zwischen Ewald und mir. Die Zeit vergeht schnell und dann ist es nur noch eine halbe Stunde zum Ziel. Das sage ich Ewald und er fängt an, den Weg zu beschreiben, den wir noch zu fahren haben. Denn er erkennt die Strecke und weiß: Gleich sind wir da!

Wir fahren rückwärts auf den Parkplatz und Ewald winkt den wartenden Angehörigen zu. Noch bevor die Trage mit Ewald vom Wünschewagen auf dem Boden angekommen ist, stehen die Angehörigen bei ihm, halten seine Hand und begrüßen ihn.

Während die Familie sich zum Essen ins Wohnzimmer setzt, sitzen wir drei Wunscherfüller draußen auf der Terrasse und essen frisch gegrilltes Fleisch. Jürgen und Oliver fragen mich, wie es mir geht und was ich denke. Ich berichte von meinen Gefühlen und Gedanken und was in mir vorgeht. Sie versuchen, mir eine andere Perspektive zu geben: ‚Wir sind keine Dienstleister, wir sind Wunscherfüller'. Klar, wir sind Fremde. Aber für diese Menschen, diese Familie sind wir ganz besondere Fremde. Und mir fällt auf: Sie haben recht.

Nachdem wir Ewald am Abend wieder in sein Zuhause gebracht haben, wird mir klar: Das war nicht meine letzte Wunschfahrt, die ich begleiten möchte! 

Ein Bericht unseres westfälischen Wunscherfüllers Gino Bröcker.

*Name geändert