Den Wind der einfahrenden U-Bahn spüren

Für viele mag dieser Wunsch auf den ersten Blick banal erscheinen. Dahinter verbirgt sich die rührende Geschichte eines Fahrgastest des brandenburger Wünschewagen aus Kindheitstagen. Auf ihrer Wunschfahrt im November 2019 teilte sie ihre Erinnerungen mit ihren drei Wunscherfüllern Chantal, Maria-Luisa und Marcus aus Brandenburg. Aber der Reihe nach.

Im Herbst 2019 erhält der Wünschewagen-Fahrgast die Diagnose Krebs. Eine niederschmetternde Nachricht, die alle weiteren Pläne der älteren Dame durcheinanderbringt. Der Krebs ist bei ihr so weit fortgeschritten, dass weder eine Chemotherapie noch eine Operation sie retten kann. Sie kann sich fortan nicht mehr selbstständig versorgen, ist auf Hilfe angewiesen. In ihrer gewohnten Umgebung kann die Schwerkranke nicht mehr leben und hat insofern Glück, dass für sie rasch ein Hospizplatz gefunden wurde.

Einen letzten großen Wunsch habe sie noch, erzählt sie den Hospiz-Mitarbeitern. So gerne möchte sie noch einmal zum Wohnhaus ihrer Großmutter.
Wann immer sie konnte, hat sie als kleines Mädchen ihre Großmutter in Berlin besucht. Die Mitarbeiter des Hospizes wenden sich mit diesem Wunsch umgehend an den Wünschewagen Brandenburg. Projektkoordinator Manuel Möller organisiert die Reisen für die Fahrgäste und so geht für die Hospiz-Patientin im November 2019 ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung.

Schon während der Fahrt schwelgt sie in ihren Kindheitserinnerungen, erzählt vom Wohnhaus ihrer Großmutter, dem Hinterhof, auf dem sie immer spielte und wie gerne sie U-Bahn gefahren ist. Manchmal ohne Ziel. Sie hat es einfach geliebt, den Wind der einfahrenden U-Bahn im Gesicht zu spüren.

Die ältere Dame strahlt, als sie vor dem Wohnhaus ihrer Großmutter in Berlin steht. In Ruhe sieht sie sich überall um. Vor und im Haus und natürlich auch im Hof. Sie schwärmt von der schönen Zeit, die sie bei ihrer geliebten Oma verbracht hat. Die Geschichte von der U-Bahn kreist dabei ständig durch die Köpfe der drei Wunscherfüller. Schnell machen sie die U-Bahnstation Alexanderplatz ausfindig und entscheiden spontan: Wir fahren mit der nächsten U-Bahn. Der brandenburger Wünschewagen-Fahrgast ist begeistert von der Idee und vom Engagement ihres Teams.

Kurze Zeit später stehen sie am U-Bahn Gleis. Die Bahn fährt ein. Und mit ihr kommt der Wind auf. Diesen Augenblick genießt und spürt Frau S. Die Freude ist riesig. Die vier U-Bahngäste steigen ein und fahren ein paar Stationen. Ganz ohne Ziel. Einsteigen und los. Beim abschließenden Kaffee und Kuchen strahlt der Wünschewagen-Fahrgast über das ganze Gesicht.

Die drei Wunscherfüller aus Brandenburg spüren sehr deutlich, dass sie ihrem Fahrgast einen sehr wertvollen und glücklichen Tag geschenkt haben. Außergewöhnlich schön findet auch Projektkoordinator Manuel Möller diese Reise. 116 Reisen hat er bereits organisiert und selbst mehr als 50 Wünsche erfüllt, aber eine U-Bahn-Fahrt war noch nie dabei.

November 2019