Noch einmal zum Millerntor…

„Unsere Wunschfahrt begann um 16 Uhr am Wünschewagen-Parkplatz in Elmshorn. Kurzes, nettes Kennenlernen mit meinem Wunscherfüller-Kollegen Lennart, Auto gecheckt, Papiere gecheckt und los ging‘s. Erste Station Horst, wo wir Michael abholten, einen langjährigen Freund und Arbeitskollegen unseres heutigen Fahrgastes. Es fing leicht an zu regnen, doch je näher wir Itzehoe kamen, desto besser wurde das Wetter.

Überpünktlich ‚landeten‘ wir am Hospiz in Itzehoe, wurden dort sehr freundlich vom Pflegeteam empfangen und gingen dann ins Zimmer 7 zu Wilfried, unserem Fahrgast. Er begrüßte uns mit den Worten: ‚Ich bin Wilfried und bin aufgeregt und nervös. Ich freue mich wahnsinnig, dass Ihr das für mich macht!‘

Wir unterhielten uns kurz und fanden heraus, dass wir uns nicht kannten, aber gemeinsame Bekannte haben. Die Chemie stimmte! Wilfrieds Wunsch war es, noch einmal den FC St. Pauli live im Stadion zu erleben – und es wurde dann sogar das Topspiel gegen den FC Schalke 04. Wilfried benötigt rund um die Uhr Sauerstoff und so packten wir alles Notwendige für die Fahrt ein. Natürlich durften auch der St. Pauli-Schal und passend dazu die braune Jacke nicht fehlen.

Wilfried und Michael saßen hinten und unterhielten sich aufgeregt über Fußball und ihre gemeinsame Arbeit als Hausmeister. Wilfried machte nebenbei Witze über den rasenden Wünschewagen (max. 100 km/h) und betitelte ihn als Formel 1-Auto. Uns allen fiel allerdings während der Fahrt zum Millerntor auf: Wir sind viel zu schnell und zu früh dort! Einlass war für uns erst um 20.20 Uhr, unsere Ankunft laut Navi sollte schon um 18.45 Uhr sein. Was machen wir mit der Zeit? Wilfried sagte mehrfach, dass er die Hells Bells hören möchte, die Einlaufmusik der Paulianer. Kurzer Anruf beim Sicherheitsbeauftragten des FC St. Pauli und als dieser erfuhr, dass wir mit dem Rollstuhl mobil sind, bekamen wir das Go zum früheren Einlass. Es fehlte nur ein Parkplatz...

Kurzer Halt an der Davidwache und mit einem netten Polizeibeamten über Parkmöglichkeiten gesprochen: ‚Ihr seid doch ein Einsatzfahrzeug und bekommt hier keine Knöllchen.‘ Mit dieser erfreulichen Info ging es dann weiter in Richtung Stadion. Da gleichzeitig das Reeperbahnfestival stattfand, waren die Straßen voll und der Verkehr zog sich. Wir entschlossen uns, am Heiligengeistfeld einen Security-Mitarbeiter zu fragen, um einen Parkplatz zu finden. Antwort: ‚Ihr seid ein Einsatzfahrzeug und dürft überall kostenlos parken.‘ Also – schwupps – auf den Parkplatz des Reeperbahnfestivals direkt neben dem Millerntorstadion.

Um 19.30 Uhr kamen wir im Stadion an. Wilfried sog die Atmosphäre auf und bestellte sich ein Bier und eine Stadionwurst. Die Hells Bells erklangen, Wilfried zückte sein Handy und nahm alles mit einem breiten Lächeln auf. Das Spiel war gut und es ging mit einem 1:1 in die Halbzeit. Toilettenpause, dann Brezel und ein kühles Astra. Die Sicht von der Rollstuhltribüne war super und die 2. Halbzeit fing an. 2:1 für Pauli und großer Jubel direkt vor uns. Was für ein schöner Moment! Wilfried hatte extra seine gute Kamera mitgenommen und nebenbei den professionellen Fotografen Konkurrenz gemacht. Er erzählte, dass er eine Schraube auf 200 Meter Entfernung gestochen scharf fotografieren kann. Kurz vor Schluss schoss St. Pauli noch das 3:1. Der Schal ging in die Luft und es wurde mit den Nachbar-Rollstühlen geschunkelt und sich riesig gefreut.

Nach Abpfiff blieben wir noch kurz im Stadion und machten Erinnerungsbilder für Wilfried und eine La-Ola-Welle mit der Pauli-Mannschaft. Währenddessen gab es Tumulte im Gästeblock. Ja, langweilig sind Wunschfahrten selten. Wir schüttelten den Kopf über so viel Blödsinn und gingen mit dem Rollstuhl zurück zum Parkplatz. Man merkte, dass das Spiel für Wilfrieds Atmung eine Herausforderung war. Er wollte während der Rückfahrt also lieber sitzen, da dann etwas besser Luft bekommt als im Liegen.

Beim Anschnallen betonte Wilfried, dass sich Michael das Pauli-Spiel mitverdient hat. Er sei viele Jahre sein bester Freund ist und er sei dankbar für die tolle gemeinsame Arbeit als Hausmeister an einer Schule. Es kullerten ein paar Freudentränen. Die Rückfahrt verging wie im Flug, was aufgrund der zunehmenden Luftproblematik gut war…

Um 0.15 Uhr waren wir dann zurück im Hospiz. Die Nachtschwester öffnete die Tür und Wilfried begrüßte sie herzlich. Zurück in seinem Zimmer, war Wilfried geschafft und benötigte eine Pause. Er freute sich riesig über zwei Bilder, die wir mit dem On-Board-Drucker ausgedruckt hatten. Der Abschied fiel im sichtlich schwer. Seine Worte an uns ‚Jungs, wir sehen uns bald wieder und Ihr seid die Besten‘, erfreuten uns und machten traurig zugleich. Wir verabschiedeten uns mit einem herzlichen ‚Alles Gute, Wilfried!‘.

Auch wenn der Wünschewagen von außen blau-weiß ist, so strahlte er heute von innen braun-weiß…“ 

Ein Bericht von Christian Möller, Wunscherfüller aus Schleswig-Holstein.