Mit gemischten Gefühlen waren die beiden Wunscherfüller:innen Manuela und Christina vom ASB-Wünschewagen-Team Rheinland-Pfalz an einem Morgen im Juni gestartet, um ihren Fahrgast zu seiner Wunschfahrt abzuholen. Sie wussten, dass es für Klaus* eine Reise in die Vergangenheit werden würde. Er hatte sich gewünscht, noch einmal in das Kinderheim zurückzukehren, in dem er viele Jahre seiner Kindheit verbracht hatte. Das Wissen, dass er an diesem Ort auch sehr belastende Dinge erlebt hatte, gab dieser Fahrt eine besondere Bedeutung.
Wunscherfüllerin Christina berichtet:
„Als wir unseren Fahrgast in seiner Wohngruppe abholten, war er sehr schläfrig. Vor lauter Aufregung hatte er am Morgen um ein Beruhigungsmittel gebeten. Die Anfahrt zum Kinderheim verbrachte er daher schlafend auf der Trage – gut umsorgt, von seiner Bezugsbetreuerin Jasmin, die ihn auf dieser wichtigen Reise begleitete.
Am Wunschziel angekommen, war Klaus wieder recht munter und hatte Kraft, im Rollstuhl zu sitzen. Der Empfang in der großen Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe war herzlich. Unser Ansprechpartner für ehemalige Heimkinder, hatte eine reich gedeckte Kaffeetafel vorbereitet und zeigte sich sehr bemüht, den Besuch für Klaus positiv zu gestalten. Er erzählte ihm von der damaligen Zeit und nannte viele Namen, von denen Klaus nur wenige bekannt vorkamen. Den Gebäudeflügel, in dem er zusammen mit anderen Jungen gewohnt hatte, gibt es heute nicht mehr. Doch in seiner Erinnerung schien Klaus noch einmal in den gemeinsamen Schlafsaal zurückzukehren. Er erzählte uns vom ‚Umspaten' in der Gärtnerei und davon, dass er gerne Messdiener gewesen war. Gemeinsam und in aller Ruhe schlenderten wir durch die Flure des Hauptgebäudes, durch die Kirche und über das Außengelände. Da Klaus' Sehvermögen krankheitsbedingt stark eingeschränkt war, versuchten wir, ihm die Dinge um uns herum zu beschreiben: vorbeilaufende Kinder, den Springbrunnen, grüne Rasenflächen und den rauchenden Schornstein der Wäscherei. Welche Bilder, welche Gedanken ihm auf diesem Weg wirklich durch den Kopf gingen, wissen wir nicht.
Als wir kurz vor der Abfahrt am Wünschewagen zusammenstanden, kündigte Klaus plötzlich an: ‚Ich möchte noch etwas sagen.' Seine folgenden Worte, die er an uns alle richtete, berührten uns sehr: ‚Ich habe gerne hier gewohnt.' Den Vertreter der Einrichtung zu umarmen, war sein letzter Wunsch an diesem Ort und es waren keine weiteren Worte nötig, um zu erahnen, wie viel ihm der heutige Besuch und dieser Abschied bedeutete.
Einen bemalten Stein, auf dem ein verwurzelter Baum zu sehen ist, ließen wir dort – als Erinnerung an einen ganz besonderen Bewohner, für den dieser Ort zur Heimat geworden war. Ein zweiter Stein wanderte in Klaus' Tasche, um ihn zurück zu seinem jetzigen Zuhause zu begleiten.
Nach einem Zwischenstopp in einem Schnitzel-Restaurant, brachten wir an diesem Abend einen sehr müden Fahrgast in seine Wohngruppe – sichtlich gelöst und mit einem Lächeln im Gesicht."
*Name geändert