„Ja, da waren wir“. Ihre Augen leuchten, als Ruth* ihren Blick über die beliebte Flaniermeile „Am Strom“ schweifen lässt und eine kubanische, inzwischen unter einem anderen Namen geführte, Lokalität ausmacht, die sie damals mit ihrem Mann Hans* besuchte. Heute, nach vielen Jahren und durch die Unterstützung des ASB-Wünschewagen Berlin, kehrt sie bei herrlichem Frühlingswetter für einen Tag nach Warnemünde zurück. Nun aber der Reihe nach.
Los geht es für Ruth und Hans am Samstagmorgen, als der Wünschewagen wie vereinbart pünktlich vor ihrem Haus hält und die beiden ehrenamtlichen Wunscherfüller des ASB kurz darauf ihren merklich aufgeregten Fahrgast in ihrer Wohnung begrüßen. „Meine Frau hat Sie schon erwartet“, sagt Hans und fügt die letzten benötigten Gegenstände in das bereits akribisch vorbereitete Reisegepäck hinzu. Doch bevor der Wünschewagen starten kann, erfolgt das Vorgespräch mit den beiden erfahrenen Begleitern des ASB, die beide über eine notfallmedizinische Berufsausbildung und über viele Jahre Erfahrung im Rettungsdienst verfügen. Es folgt ein medizinischer Check der wichtigsten Vitalparameter und der obligatorische Covid-Test. Das alles ist notwendig, weil auf der mehrstündigen Fahrt mit dem schwerstkranken Fahrgast alles gut gehen und Ruth sicher zu ihrem Wunschort transportiert werden soll. Nach der vorsichtigen Umlagerung in einen speziellen Transportstuhl, der zur Ausstattung des Berliner Wünschewagen gehört, stellt sich den Helfern noch eine unvorhersehbare Schwierigkeit, die für das moderne Transportgerät inkompatible Flurtreppe des Berliner Altbaus, in den Weg. Mit deutlich erhöhtem Krafteinsatz kann diese überwunden werden, so dass die Fahrt für Ruth und ihren Mann anschließend starten kann.
An der zu dieser Zeit belebten Strandpromenade stößt die Ankunft des Wünschewagen am Leuchtturm Warnemünde auf breites Interesse. In erster Linie ist das Team des ASB heute aber für ihre Hauptpersonen zuständig: Ruth und ihr begleitender Ehemann Hans, der sich immer an ihrer Seite befindet und mit ihr gemeinsam diesen besonderen Tag verbringt. Der beliebte Ort an der Westmole, an denen die großen Fährschiffe von und in Richtung Rostock vorbeiziehen, verbindet das Ehepaar emotional in ganz besonderem Maße. Nachdem Ruth durch das Team des Wünschewagen schonend in ihren Rollstuhl umgelagert wird, kann sie ihre Schwester und ihre Tochter in den Arm nehmen, die vor dem Leuchtturm die Ankunft kaum erwarten konnten. Gemeinsam geht es in ein beliebtes Restaurant, und die vereinte Familie kann dort in Ruhe gemeinsame Zeit verbringen.
Was wäre Warnemünde ohne Ostsee? Es ist ein Muss, nach dem Familienessen dem Meer bei strahlender Sonne „guten Tag“ zu sagen. Leider erweist sich der im Vorfeld durch die Wunscherfüller recherchierte barrierefreie Strandzugang als Sackgasse, im wahrsten Sinne des Wortes: Dieser soll erst wieder ab Mai aufgebaut werden, erklärt ein Kioskbetreiber dem Team vor Ort. Und ein anderer Rollstuhlfahrer bestätigt: „Es gibt viel zu wenige barrierefreie Zugänge“. Im Rollstuhl geht es so weit wie möglich an den Strand heran. Es ist offensichtlich, wie bedeutend diese Momente für Ruth sind, die strahlend und umgeben von ihrer Familie auf das blaue Meer schaut.
Nach einem Spaziergang bis kurz vor das Molenfeuer wird es kubanisch: Im windgeschützten Außenbereich einer Bar genießt die Familie an der beliebten Flaniermeile landestypische Getränke. Ruth wirkt glücklich, ihre Familie bei sich zu haben und gemeinsam mit ihr Erinnerungen aufleben zu lassen. Am späten Nachmittag haben die ersten Sonnenstrahlen des beginnenden Frühlings an ihrer wärmenden Kraft eingebüßt, der frische Ostseewind setzt sich zunehmend durch. Es ist der Moment, sich auf den Rückweg zu begeben. Ruth verabschiedet sich von ihren Töchtern, bevor der Wünschewagen mit ihrer glücklichen, aber erschöpften Wünschenden den Weg nach Berlin antritt.
Um ihrem sichtlich geschwächten schwerkranken Fahrgast einen schonenden und schmerzarmen Transport durch das Treppenhaus in ihre Wohnung zu ermöglichen, entscheidet sich das Team des Wünschewagen bereits im Vorfeld dazu, über die Leitstelle des ASB Krankentransportes ein zusätzliches Fahrzeug zur Unterstützung anzufordern. Unkompliziert leistet eine weitere Besatzung kollegiale Hilfe, so dass Ruth am Abend erschöpft, aber glücklich in ihr Bett umgelagert werden kann. An dieser Stelle bedankt sich das Team des Wünschewagen bei den Kollegen des ASB Krankentransportes für die professionelle Unterstützung.
Zu Hause angekommen überreichen die beiden Wunscherfüller ihrem Fahrgast ein paar Fotos von ihr und ihrer Familie, die sie auf dem Rückweg über einen mobilen Fotodrucker für sie ausgedruckt haben. Damit geht für Ruth ein aufregender Tag an der Ostsee zu Ende. Ein Familientag und ein Tag voller schöner Erinnerungen.
* Name geändert